Start » Baugeschichte » Eröffnung

Eröffnung des Hans-Sachs-Hauses

Am 15. Oktober 1927, einem Samstag, war es soweit. Sieben Jahre nach der ersten Idee zu einem zentralen Bürohaus in Gelsenkirchen, sechs Jahre nach den ersten Entwürfen des Architekten Alfred Fischer, drei Jahre nach dem ersten Spatenstich, nach zahllosen politischen und finanziellen Schwierigkeiten wurde das Hans-Sachs-Haus offiziell eröffnet.

Die Firma Walcker & Co. aus Ludwigsburg, eine der renommiertesten Orgelbaufirmen Deutschlands, hatte am 21. Juli 1927 mit dem Einbau der großen Orgel begonnen. Mit ihren 92 Registern auf 4 Manualen sollte das Hans-Sachs-Haus eine der größten reinen Konzertorgeln Deutschlands erhalten.

So stand auch diese Orgel am Anfang der Eröffnungsfestivitäten. Günter Ramin, einer der prominentesten Organisten Deutschlands, Organist der Thomaskirche, des Gewandhauses und Lehrer für Orgel am Konservatorium Leipzig intonierte das Orgelkonzert in d-moll von Georg Friedrich Händel vor den versammelten Honoratioren der Stadt, aber auch Vertretern von Ministerien, dem Oberpräsidenten, dem Regierungspräsidenten und den Oberbürgermeistern der meisten anderen Revierstädte. Die Eröffnungsansprache hielt Oberbürgermeister von Wedelstaedt, anschließend sprach der Architekt Alfred Fischer, gefolgt vom Oberbürgermeister der Stadt Essen, Bracht. Dann erklang unter der Leitung von Generalmusikdirektor Rudolf Schulz-Dornburg aus Essen die Neunte Symphonie von Ludwig van Beethoven.

Auch der nächste Abend, der 16.10., wie der folgende Sonntagabend gehörten der klassischen Musik. Richard Wagner mit dem Meistersinger-Vorspiel - der Ouvertüre zu jener Oper, die den Schuhmacher und Poeten Hans Sachs zum Protagonisten hat -, Beethoven, Brahms und Bruckner standen auf dem Spielplan.

Als erste Ausstellung im Hans-Sachs-Haus wurde die "Große Gelsenkirchener Ausstellung für Verkehr und Polizei im rheinisch-westfälischen Industriebezirk" ebenfalls am 15. Oktober eröffnet.

Die Gelsenkirchener Zeitung brachte am Tag der Eröffnung eine 4-seitige Festausgabe heraus, in der sie Gelsenkirchen ein "Glückauf zum 15. Oktober" wünschte:

"Ein historischer Tag. Gelsenkirchen feiert heute, am 15. Oktober 1927, die Einweihung seines stattlichsten und gewaltigsten städtischen Großgebäudes, das im Zentrum der weit ausgedehnten Stadt errichtet worden ist, und in seinen wichtigen Ausmaßen nach Breite, Länge, Tiefe und Höhe dem Stadtbild eine beherrschende Dominante baukünstlerischer und stilschöner Bedeutung gibt. [...]

So mögen Heimatsinn und Heimatliebe den Tag der Weihe des Hans-Sachs-Hauses mit ihrem goldenen Licht verklären und die Quelle für Bürgersinn und Bürgergemeinschaft werden, auf deren Fundament sich Gegenwart und Zukunft Groß-Gelsenkirchens aufbauen. Mit Gott, Glückauf!"

Zwei Festschriften wurden zur Einweihung des Saales herausgegeben:

Im Auftrag des Hochbauamtes der Stadt Gelsenkirchen erschien eine Festschrift, die von Max Burchartz gestaltet wurde.

In ihr schrieben:

Eine zweite Festschrift "9 Bilder vom Werden des Baues" wurde von der Bauleitung des Hans-Sachs-Hauses herausgegeben. Darin sind neun von 18 Graphiken des Gelsenkirchener Künstler Wilhelm Nengelken abgedruckt, die dieser anlässlich der Eröffnung in einer Mappe mit Kaltnadelradierungen unter dem Titel "Der Bau" herausgegeben hatte. Die Mappe ist nur in 20 handsignierten Exemplaren erschienen.

Der Text zu dieser Festschrift, den der Oberstudienrat Dr. Ernst Weinek schrieb, führte zu einigem Unmut in der Bevölkerung und sollte in der nächsten Stadtverordnetenversammlung im November zu einem Streit führen, in dessen Verlauf sich der Oberbürgermeister von dem "etwas unglücklichen Elaborat" distanzieren musste.

"Gelsenkirchen! Du Vielgescholtene unter den Städten! Ob Deines rußgeschwärzten Gewandes, Deines spärlichen Grüns, Deiner rauchgeschwärzten Luft! Du wunderliches Gemisch aus Westfalen und Rheinländern, Nord- und Süddeutschen, Ost- und Westpreußen, Polen und Masuren, Niggern und Indianern. [...]

Doch ungleich ist die Schar Deiner Kinder, viel ungleicher wie einst die ungleichen Kinder der Evä! Denn bei Dir überwiegt die "schmutzige, grindige, lausige Rott" weit die kleine Zahl der schneeweiß Gebetteten und köstlich Gekleideten."

Aus der Festschrift der Bauleitung: "9 Bilder vom Werden des Baues", 1927, S.5

 

 

Festausgabe der Gelsenkirchener Zeitung zur Eröffnung des Hans-Sachs-Hauses am 15. Oktober 1927.
Festausgabe der Gelsenkirchener Zeitung
 
Festfolge der Eröffnungsabende des Konzertsaales im Hans-Sachs-Haus. Aus der Festschrift des Hochbauamt Gelsenkirchen, 1927. Gestaltung: Max Burchartz.
Festfolge der Eröffnungsabende des Konzertsaales im Hans-Sachs-Haus.
 
Radierung von Wilhelm Nengelken aus der Festschrift der Bauleitung zur Einweihungsfeier des Musiksaales: "9 Bilder vom Werden des Baues" (1927).
Radierung von Wilhelm Nengelken
 
Radierung von Wilhelm Nengelken aus der Festschrift der Bauleitung zur Einweihungsfeier des Musiksaales: "9 Bilder vom Werden des Baues" (1927).
Radierung von Wilhelm Nengelken